Das Besondere an ACT für Therapiesuchende

Sie überlegen, ob die Akzeptanz- und Commitment-Therapie Ihnen dabei helfen kann, ein erfülltes Leben zu leben und Frieden zu schließen mit all den Dingen, die Sie in und an Ihrem Leben stören? Vor allem vor dem Hintergrund, weil Sie eventuell/wahrscheinlich schon lange versuchen, diese störenden Dinge loszuwerden, ohne dass sich diese ändern? Wie wäre es statt Energie darauf zu verwenden, “Störendes” loszuwerden, ganz genau zu wissen, wer und was Ihnen im Leben wirklich wichtig ist, und sich dafür einzusetzen? Vielleicht denken Sie „Ja, aber, der Schmerz /die Angst / die Depressivität muss doch erst weg sein, bevor ich mein Leben zufrieden leben kann!“ Die gute Nachricht ist: Wir können uns in jedem Moment unseres Lebens dafür entscheiden zu tun, was wir für richtig und wichtig halten.

Vielleicht denken Sie jetzt: „Ja, wenn es so einfach wäre!“. Tatsächlich ist es leichter mit Unterstützung einer*s Psychotherapeut*in mit den Dingen umzugehen, unter denen wir leiden. Intuitiv neigen Menschen dazu unangenehme Gefühle bekämpfen zu wollen und  an sich zu zweifeln, wenn das nicht funktioniert. Wenn es aber auf direktem Wege nicht funktioniert, dann haben wir immer noch die Option, die Gefühle so wie sie sind zu akzeptieren und unser Verhalten sinnvoll auszurichten. Zum Beispiel wird niemand einem Alkoholabhängigen raten abzuwarten, bis die Sucht aufhört, und erst dann das Trinken einzustellen. Das wäre wohl aussichtslos. Im Gegenteil ist hier zunächst das zielgerichtete Handeln wichtig, eben trotz Spannung nicht zu trinken. So wird die Sucht nach und nach schwächer und in den Hintergrund treten. Ebenso wird jemand mit einer Angsterkrankung am schnellsten wieder gesund, wenn sie/er sich in einem klar geplanten Training den angstauslösenden Situationen aussetzt und die Erfahrung macht, dass die Angst immer wieder vorbei geht.  Und ja, für eine* Abhängige* ist nicht mehr trinken mit sehr unangenehmer Spannung verbunden, und die an Angst Erkrankte braucht wirklich gute Gründe, um sich der Angst zu stellen.

Was bietet ACT, das herkömmliche Psychotherapien nicht bieten?

ACT hilft Ihnen dabei die oben erwähnten guten Gründe zu finden, wirklich aktiv zu werden, Ihr Leben zu leben, wie Sie es wollen und zu wissen, wer und was Ihnen am Herzen liegt. Das Wort „Commitment“ – das „C“ in „ACT“-, für das wir noch keine wirklich treffende deutsche Übersetzung gefunden haben, meint den Entschluss und die Selbstverpflichtung, uns auch in schwierigen Situationen treu zu sein und so zu handeln, dass wir uns später zufrieden daran erinnern mögen.  Worauf möchten Sie am Ende Ihres Lebens zurückblicken, wofür soll Ihr Leben stehen?

ACT unterstützt Sie dabei, Gedanken und Gefühlen genau wahrzunehmen, aber sich nicht in denen zu verstricken, die Ihnen nicht weiterhelfen. Die ACT zugrunde liegende psychologische Forschung belegt, dass unser Denken, häufig vielfältigen Fehlern ausgesetzt ist. In schwierigen Situationen ist es oft gut, nicht weiter die eigenen Gefühle, Gedanken und Regeln zu diskutieren oder zu bekämpfen, sondern sie anzunehmen, sich auf die tatsächliche Erfahrung des aktuellen Moments zu besinnen, zu spüren, wie er sich anfühlt, um entscheiden zu können, was jetzt im Handeln möglich ist. Kennen Sie Angst vor Prüfungen? Wir wissen, dass ein bisschen Prüfungsangst zu besseren Prüfungsergebnissen führt, weil sie uns aktiviert. Aber Gedanken wie „Oh Gott! Wenn ich nicht bestehe, ist das eine Katastrophe. Ich kann das nicht!“ helfen direkt vor oder während der Prüfung nicht weiter. Trotzdem denken wir sie. Was in der Regel hilft, ist hinzugehen und sich  der Prüfung zu  stellen.  Das bedeutet wir brauchen immer wieder die aktive Akzeptanz unserer Gedanken und Gefühle – das „A“ in ACT – um gute Entscheidungen für unser Leben treffen zu können.

ACT-Therapeut*innen arbeiten mit Ihnen auf Augenhöhe. Natürlich ist die* Psychotherapeut*in Expert*in für Psychotherapie. Gleichzeitig ist sie* auch ein Mensch mit all den seelischen Schmerzen und Schwierigkeiten, die mit dem Menschsein verbunden sind. Da sitzen wir alle in einem Boot. Und die* Therapeut*in hat eine Qualifikation als Steuermann* und weiß, mit widrigen Gegebenheiten umzugehen und sich mit dem Schiff an Sturm und raue See anzupassen. Um in diesem Bild zu bleiben: ACT unterstützt Sie dabei zu lernen, mit Ihrem Boot so umzugehen, dass Sie die Wellen des Lebens immer öfter surfen können statt von ihnen verschlungen zu werden. Mit aktiver Akzeptanz des Wetters, Kenntnisse über die Eigenheiten Ihres Schiffes, mit Kompass, Karte und dem Steuer in der Hand.

Tatsächlich sind der Kontakt mit persönlichen Werten und der leichte Umgang mit nicht hilfreichen Gedanken und Gefühlen das Herzstück von ACT. Jede Lebenssituation ist anders, und es kann keine Patentrezepte geben. Wir müssen unsere Gedanken und Gefühle nicht verändern, sondern unsere Beziehung zu ihnen. Wir können lernen, genau wahrzunehmen und die psychische Flexibilität entwickeln, auch in schwierigen Situationen werteorientiert zu handeln. Wenn wir unter Ängsten, Zwängen, Depressivität, Schmerzen etc. leiden, dann bedeutet das nicht, dass etwas kaputt ist und von außen repariert oder geheilt werden muss, sondern vor allem, dass wir den uns als Menschen gegebenen Denkapparat gerade ungünstig nutzen und dadurch zusätzlich leiden.

Praktisch wird ein*e ACT-Therapeut*in Sie zum Beispiel dabei unterstützen, einen Gedanken wie „Ich bin nicht liebenswert“ nicht mehr mit einer Tatsache zu verwechseln.  Den allgemeinen Wahrheitsgehalt so einer Aussage zu diskutieren, ist nicht sinnvoll möglich. Wenn wir aber erkennen, dass ein Gedanke einfach nur ein Produkt unseres Geistes ist, dann können wir uns sagen „Ich habe den Gedanken, dass ich nicht liebenswert bin“ und uns innerlich beobachtend distanzieren: „Ah ja, ich habe eine Verabredung, und mein Geist produziert den Gedanken ‘ich bin nicht liebenswert’. Bestimmt möchte er mich nur vor einer Enttäuschung bewahren.“ Wenn wir dann noch Kontakt dazu aufnehmen, was uns wichtig ist, dann könnte der Prozess etwa so weitergehen: „Ok, ich habe diesen Gedanken UND ich möchte mich gern mit XY treffen, weil es mir wichtig ist, mich mit Freund*innen zu verbinden, eine* Partner*in zu finden, o.ä.“. Und dann können wir mit der Spannung, die dieser Gedanke vielleicht auslöst, losgehen, uns mit XY treffen und die Erfahrung machen, wie es wirklich ist.

ACT ist systematisch und oft auch spielerisch, benutzt Bilder, Metaphern und sehr gern auch Humor. Vielleicht spielt die* Therapeut*in mit Ihnen aktiv in der Therapiesituation durch, wie Sie den Bus Ihres Lebens steuern, und wie Sie mit unliebsamen Fahrgästen umgehen können, ohne vom Weg abzukommen. Oder Sie überwinden Hindernisse, probieren wie es ist, auf Sie einströmende Gedanken abzuwehren, zu ignorieren oder einfach zu lassen wie sie sind. Die* ACT-Therapeut*in wird immer wieder versuchen, Ihnen tatsächliche Erfahrungen zu ermöglichen: Wie ist es wohl, wenn Sie … tun.

Die Wirksamkeit von ACT bei der Behandlung vielfältiger psychischer Störungen ist wissenschaftlich inzwischen gut belegt (https://contextualscience.org/state_of_the_act_evidence, https://contextualscience.org/ACT_Randomized_Controlled_Trials). Ob auch Ihnen die Akzeptanz- und Commitment-Therapie dabei helfen kann, ein erfülltes Leben zu leben und Frieden zu schließen mit all den Dingen, die Sie nicht ändern können, finden Sie nur auf einem Weg heraus: Probieren Sie es aus!

ACT als Teil der Verhaltenstherapie (ACT gehört zur sogenannten Dritten Welle der Verhaltenstherapie) ist eine Leistung der Krankenkassen, wenn eine krankheitswertige psychische Störung vorliegt und die* Psychotherapeut*in eine kassenärztliche Zulassung besitzt. Namen und Adressen von Psychotherapeut*innen, die mit ACT arbeiten, finden Sie auf unserer Therapeut*innenliste.