Beate Ebert, die – gemeinsam mit Rainer Sonntag und Jan Martz – zu den Pionier*innen der ACT im deutschsprachigen Raum zählt und Gründungsmitglied der DGKV ist, hat (endlich!) ein Buch über Selbst-als-Kontext geschrieben. Es ist bei Context Press, New Harbinger, erschienen.
Selbst-als-Kontext ist der wohl komplexeste Kernprozess in der ACT. In Netzwerktreffen, Workshops, Supervisionen und auf Kongressen erlebe ich immer wieder Nachfragen, Verständnisprobleme und Unsicherheiten, selbst bei Kolleg*innen mit langjähriger ACT-Erfahrung. Das mag an der schwer fassbaren, transzendentalen Natur dieses Prozesses liegen. Gleichzeitig ist er vielleicht der faszinierendste der sechs Kernprozesse und bietet möglicherweise den besten Zugang, ACT in seiner Tiefe zu verstehen.
Es gibt bereits ein englischsprachiges Buch, das Selbst-als-Kontext aus wissenschaftlicher Perspektive beleuchtet: das großartige „A Contextual Behavioral Guide to the Self“ von Louise McHugh, Ian Stewart und Priscilla Almada – ein theoretisch präzises und tiefgehendes Werk. Warum also ein weiteres Buch zu diesem Thema? Zum einen ist McHughs Buch anspruchsvoll und eine lohnende, aber nicht immer leichte Lektüre. Zum anderen bringt Beate eine neue, erfrischende Perspektive ein.
Ihr Blick auf Selbst-als-Kontext ist der einer engagierten, offenen und warmherzigen Therapeutin mit tiefem Wissen über ACT, RFT, Funktionalen Kontextualismus und die Kontextuellen Verhaltenswissenschaften – und zugleich einer unermüdlich fragenden und erkundenden Forscherin. Diese Haltung zieht sich durch das gesamte Buch und macht selbst komplexe Zusammenhänge verständlich. Die Sprache bleibt dabei stets klar und leicht.
Das Buch ist reich an praxisnahen Fallbeispielen, die die theoretischen Konzepte erlebbar machen. Dabei wird nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Beates Persönlichkeit spürbar. Beim Lesen hatte ich immer wieder das Gefühl, wie schön es sein muss, von ihr begleitet zu werden – sie an der Seite zu wissen, ihre offene, unterstützende Haltung zu erleben und durch sie ermutigt zu werden, neue und mutige Wege im eigenen Leben zu beschreiten.
Beate integriert auch die neueren Entwicklungen der Prozessbasierten Therapie (PBT) und untersucht die Verbindungen zwischen den Kernprozessen, den Yearnings (Bedürfnissen/Bestrebungen) und Selbst-als-Kontext – ein neuer, anregender Ansatz, der mich als Leser direkt mitgenommen hat. Ein eigenes Kapitel ist der therapeutischen Beziehung gewidmet, die in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. Auch hier lädt Beate auf liebenswürdige Weise dazu ein, sich anzuvertrauen und Selbst-als-Kontext als Wegweiser zu nutzen.
Nachdem mich bereits die vorherigen Kapitel mit Freude und Verbundenheit erfüllt hatten, wurde das abschließende achte Kapitel für mich zu einem besonderen Höhepunkt. Hier verlässt Beate den Therapiekontext und richtet ihren Blick auf das Leben selbst – auf private Beziehungen, auf unsere Welt und unser Miteinander. Es fühlt sich an wie eine Essenz ihres umfassenden Wirkens. Ihr Engagement, ihre Werte und ihre Warmherzigkeit, sei es in ihrer unmittelbaren Umgebung oder in Projekten wie in Sierra Leone, haben mich tief berührt. Beate zeigt sich hier mutig und authentisch – und hat mich damit noch einmal auf einer neuen Ebene in ihren Bann gezogen.
Ich wünsche diesem wunderbaren Buch eine weite Verbreitung – und hoffe auf eine deutsche Übersetzung! Bis dahin trösten wir uns mit der englischen Ausgabe, die auch für Nicht-Muttersprachler gut verständlich ist.
Danke, Beate, für diese menschliche und engagierte Perspektive.
Ralf Steinkopff



